Von Laeken bis Lissabon – die Entstehung des EU-Reformvertrages

Als Reaktion auf die beiden negativ beschiedenen Referenden zum VVE in Frankreich und den Niederlanden entschied der Europäische Rat im Juni 2005, in eine "Reflexionsphase" zur Zukunft der Europäischen Union einzutreten. Konkrete Fragestellungen formulierten die Staats- und Regierungschefs nicht.

 

Von der Reflexion über alles zum geordneten Reformprozess

 

Erst bei einem Sondertreffen der EU-Außenminister in Klosterneuburg bei Wien am 27./28. Mai 2006, konnte auf Initiative der österreichischen Ratpräsidentschaft ein Zeitplan für das weitere Vorgehen verabredet werden.

 

 In den Monaten zuvor unterbreiteten fast alle Mitgliedsländer, die EU-Kommission und das Europäische Parlament (EP) Vorschläge für den Umgang mit der Krise, die durch das Doppel-nein zum VVE ausgelöst wurde. Deutlich ließen sich drei Positionen unterscheiden:

 

 

  • Eine Gruppe um diejenigen Staaten, die den Vertrag bereits ratifiziert hatten, sprach sich für die Weiterführung des Ratifikationsprozesses und für die Beibehaltung des VVE-Textes aus. Als Zeichen des Entgegenkommens erwogen sie allenfalls eine Ergänzung des VVE um Erklärungen und Protokolle, die die Ratifikation in anderen Staaten erleichtern sollte. Nach diesem Verständnis hätte in Frankreich und den Niederlanden ein zweiter Anlauf zur Ratifikation des VVE genommen werden müssen.
  • Eine zweite Gruppe um Vertreter aus Frankreich, den Niederlanden, Polen und Tschechien sprach sich unverhohlen für die "Einäscherung" des VVE und für den Status quo des Vertrags von Nizza aus, um auf dieser Grundlage Reformen des institutionellen Systems der EU zu diskutieren.
  • Zwischen diesen beiden Extremen kristallisierte sich zunächst die Option für einen "Minivertrag" auf Basis der ersten beiden Teile des VVE. Die "Brückenbauer" wollten insbesondere den ersten und zweiten Teil des VVE retten und damit dessen institutionelle und verfahrensmäßige Reformen sichern. Der VVE sollte dazu im Rahmen eines neuerlichen Konvents oder in einer kürzeren Regierungskonferenz nachverhandelt werden.

 

Deutlich an der Erhaltung des VVE ausgerichtet (und an dessen Ziel, die im Rahmen des Nizza-Vertrags postulierten Reformvorhaben zu realisieren) waren Vorschläge zur Ergänzung des Vertrags: etwa durch ein Protokoll, eine Erklärung oder eine Charta. Derartige VVE-Zusätze hätten den Vertragskritikern entgegenkommen können, ohne die politische Substanz des Vertrages zu berühren.

 

Der ehemalige niederländische Außenminister Bot betonte dagegen, dass man sich "vorerst auf praktische Maßnahmen auf Grundlage des Vertrags von Nizza" konzentrieren solle. Auch Frankreichs Staatspräsident Chirac forderte seit Januar 2006, die EU nur noch "auf Basis der bestehenden Verträge" zu reformieren, um die Funktionsabläufe der Institutionen zu verbessern. Substantiell unterfüttert wurde dieser Vorschlag im April 2006 in einem Schreiben der Außen- und Europaminister Frankreichs an die österreichische Außenministerin. Im einzelnen schlugen sie vor:

 

 

  • Die Nutzung der sogenannten Passerelle- bzw. Brücken-Klausel in Art. 42 EUV zur Überführung der Politiken aus der "Dritten", intergouvernemental strukturierten Säule des EU-Vertrages zur Strafrechts- und Polizeizusammenarbeit in den supranationalen EG-Vertrag. Alle oder Teile der in der "Dritten Säule" normierten Politiken sollten so in das Verfahren der qualifizierten Mehrheit im Rat übergehen, vom einfachen Konsultationsrecht des EP zum weitaus gewichtigeren Mitentscheidungsverfahren sowie zur Stärkung der gerichtlichen Kontrolle dieser Materien durch den Europäischen Gerichtshof.

 

  • Die Nutzung der Passerelle-Klausel in Art. 137.2 EGV für den Übergang zum Mitentscheidungsverfahren in jenen Bereichen der Sozialpolitik, die dem Einstimmigkeitszwang im Ministerrat und lediglich dem Konsultationsverfahren des EP unterliegen.

 

  • Die stärkere Vernetzung sowie institutionelle und verfahrensmäßige Zusammenführung der mit außenpolitischen Fragen befassten Gremien des Rates und der Kommission auf der Grundlage des Selbstorganisationsrechts der Organe.

 

  • Eine weitere Steigerung der Transparenz des Ministerrats auf der Grundlage seines Selbstorganisationsrechts.

 

  • Die Stärkung der Kontroll- und Informationsrechte des EP im Rahmen der mit Fragen der Umsetzung europäischen Gemeinschaftsrechts befassten Ausschüsse (Komitologie).
  •  Die Stärkung der wirtschafts- und finanzpolitischen Koordinationsinstrumente der EU im Rahmen und auf Grundlage der Organisationsautonomie der Euro-Gruppe.
  • Die faktische Vorabimplementierung des VVE-Protokolls über das Subsidiaritätsprinzip im Interesse der stärkeren Einbindung der nationalen Parlamente und auf der Grundlage des geltenden Protokolls über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU.

 

Als französischer Innenminister, Vorsitzender der Regierungspartei UMP und Kandidat im Rennen um die Nachfolge Jacques Chiracs forderte Nicolas Sarkozy in seiner Neujahrsrede am 12. Januar 2006 dagegen, auf Grundlage des ersten Teils des VVE einen kürzeren Vertragstext auszuhandeln, der ausschließlich die institutionelle und verfahrensrechtliche Organisation der EU regeln sollte. Diesen "Minivertrag" wollte Sarkozy nur parlamentarisch ratifizieren lassen. Offen ließ er, wie die Grundrechtecharta und die Reformen des dritten und vierten Teils des VVE in Kraft gesetzt werden sollten. Sarkozys Vorschlag orientierte sich zwar am VVE-Text, löste ihn aber in seinem Paketcharakter auf und stellte damit das in Konvent und Regierungskonferenz erzielte Ergebnis in Frage.

 

Vor diesem Hintergrund beauftragte der Europäische Rat am 15./16. Juni 2006 die deutsche Präsidentschaft, in der ersten Jahreshälfte 2007 mit den EU-Mitgliedstaaten ausführliche Konsultationen zu führen und anschließend dem Europäischen Rat einen Bericht vorzulegen. Der Bericht sollte mögliche künftige Entwicklungen aufzeigen und als Grundlage für Beschlüsse dienen, wie der Reformprozess der EU fortgesetzt werden soll.

 

Vom Reformprozess zum Mandat der Regierungskonferenz

 

Die innerhalb der Bundesregierung bereits Ende 2005 abgestimmte und vor Beginn der Präsidentschaft 2007 allen europäischen Partnern mehrfach verdeutlichte „rote Linie“ Deutschlands bestand darin, eine Vertragsrevision zu vereinbaren, deren Ergebnis sehr eng an dem bereits in 18 Staaten ratifizierten VVE orientiert werden sollte. Andernfalls hätte die Präsidentschaft die Unterstützung des Kreises der „Freunde des VVE“ aufs Spiel gesetzt. Auch wenn der Vorsitz zur Neutralität verpflichtet war, ergriffen deutsche Regierungsvertreter von Anfang an Partei für diese Linie: Hierzu gehörte, dass die Bundesrepublik offen zum Verfassungsvertrag stand und diesen in „seiner politischen Substanz erhalten“ wollte. Im Hinblick auf die EU-Mitgliedstaaten wurde eine nie explizierte, aber für den weiteren Gang der Verhandlungen wichtige Rangordnung herausgearbeitet: An erster Stelle galt es, „die Einschätzung [der] französischen und niederländischen Partner zur Kenntnis zu nehmen, wonach der vorliegende Vertrag nicht noch einmal in dieser Form vorgelegt werden kann.“ An zweiter Stelle waren diejenigen Staaten zu berücksichtigen, die den VVE bis Anfang 2007 noch nicht zur Ratifikation vorgelegt hatten und dies auch während der deutschen Ratspräsidentschaft nicht beabsichtigten. Erst an dritter Stelle kamen diejenigen zum Zuge, die den Vertrag ratifiziert hatten und sich hinter die Ausgangsposition der Bundesregierung stellten. Diese Hierarchie kam klar zum Ausdruck, indem die Bundesregierung die Losung ausgab, dass sich zwar „alle bewegen [müssen], aber im Lichte dieser Konstellation vielleicht einige mehr als andere.“

 

Aufgrund der eigenen Haltung zum Reformprozess zog sich die Bundesregierung auf Verhandlungsarenen zurück, die nicht öffentlich und nur unter Beteiligung eines sehr kleinen Kreises tagten. Der Ratsvorsitz griff auf für Regierungskonferenzen eingeübte Verfahren zurück, um Informationen über den Verhandlungsspielraum der einzelnen Regierungen zu erlangen und diese im Aufstieg zum Gipfel des Europäischen Rates im Juni 2007 im Hinblick auf ihre Kerngehalte und hinter den Positionen liegende Interessen einzugrenzen, diese einander anzunähern und schließlich konsensfähig aufzubereiten. Im Unterschied zu vorangegangen Regierungskonferenzen, die in aller Regel von politischen Beamten und Staatssekretären der Außenministerien vorbereitet wurden, schlug Bundeskanzlerin Merkel eine direkte, streng vertrauliche Konsultation zwischen den Regierungszentralen in einem Schreiben am 2. Januar 2007 an die Staats- und Regierungschefs vor. Die Liste der daraufhin benannten, jeweils maximal zwei „Focal Points“ machte deutlich, dass die unter normalen Umständen mitarbeitende Arbeitsebene der Außenministerien und ihrer Akteure in den Ständigen Vertretungen bei der EU weitgehend außen vor blieb. Die Verhandlungen über den Reformvertrag sollten in erster Linie „zwischen den Hauptstädten“, unter gleichberechtigter Mitwirkung der Präsidenten des EP und der Kommission geführt werden. Auf Seiten der anderen Verhandlungspartner wurden der erweiterte „Bannkreis“ der in die Beratungen der Focal Points einbezogenen Akteure ebenfalls eng abgesteckt. Die Termine für die bilateralen Treffen mit den Focal Points wurden für den Zeitraum zwischen Ende April und Anfang Mai 2007 vereinbart. Die Basis hierfür bildeten 12 Fragen der deutschen Focal Points. Die Chefunterhändler der Präsidentschaft legten im April 2007 einen Fragebogen für die folgenden Sitzungen vor, der sich an den bis dahin ermittelten Änderungswünschen am VVE orientierte.

 

Die Fragen wurden unter den Focal Points im Vorstadium zum Europäischen Rat im Juni 2007 mit dem maximalen Ziel der Erstellung eines Mandats für eine Regierungskonferenz, die vor Ende 2007 ihren Abschluss finden sollte, bilateral und auf einer gemeinsamen Sitzung beraten. Parallel hierzu führten die Bundeskanzlerin selbst sowie - in enger Absprache mit ihr - der französische Staatspräsident sowie die Staatschefs Spaniens, Luxemburgs und Italiens intensive und direkte Einzelgespräche mit ihren Amtskollegen aus Großbritannien, Tschechien und Polen, um auf allerhöchster Ebene vermeintliche Maximal-, d.h. öffentlichkeitswirksam inszenierte, „echte“ Minimalpositionen bzw. „red lines“ und die dazwischen liegenden Rückfallpositionen der Vertragsreform auszuloten.

 

Die Zwölf Fragen der Chefunterhändler (Focal Points) der Ratspräsidentschaft zur Revision des VVE

 

 

 

 

Fragen zur Revision des VVE

Protagonisten unter den Mitgliedstaaten,
auf die diese Fragen zurückgehen*

1.        Beibehaltung der gegenwärtigen Vertragsstruktur (kein allumfassender Vertrag) bei Einführung einer Rechtspersönlichkeit für die EU

F (Konsolidierter „Minivertrag“ zur Änderung der beste­hen­den Verträge), GB (technische Vertrags­änderun­gen machen ein Referendum unnötig),
NL und CZ (Vermeidung jedweder „Verfassungsanalogie“)

2.        Beibehaltung des ersten Teils des VVE als Kernstück eines Reformvertrags

F (siehe oben) mit Unterstützung aus I. In den Ver­hand­lungen rückte F von Verweisen auf Teil I des VVE jedoch explizit ab

3.        Aufgabe der „Verfassungssprache“ (z.B. staatsanaloger Begrifflichkeiten wie „Außenminister“ oder „Gesetz“)

NL, GB (siehe oben) mit passiver Unterstützung aus
CZ und PL

4.        Aufgabe der VVE-Artikel zu den Symbolen der EU

NL, GB, CZ mit breiter Unterstützung fast aller Delegationen (außer B, LUX)

5.        Aufgabe des VVE-Artikels zum Vorrang des Gemein­schaftsrechts vor nationalem Recht

NL, GB mit Unterstützung aus CZ (und passiver Unter­stützung deutscher Akteure)

6.        Ersetzung von Teil II des VVE (Grundrechtecharta) durch einen Verweis auf diese und ihre Rechts­verbindlichkeit

GB mit Unterstützung aus PL, wobei sich GB selbst gegen die Rechtsverbindlichkeit eines entsprechenden Verweises aussprach

7.        Beibehaltung des institutionellen Reformpakets des VVE

„Freunde des VVE“ mit Unterstützung aus DK, S, P und IRL (erklärte Gegnerschaft nur aus PL mit passiver Unter­stützung aus CZ)

8.        Beibehaltung anderer VVE-Reformen als Kernstück neuer Verträge

Offene Frage, die im Verlauf der Verhandlungen zur Infra­gestellung anderer, im Fragebogen nicht genannter Bereiche führte; dies war der „Türöffner“ für NL und GB, den nationalen Parlamenten im Rahmen des VVE-Sub­sidiaritäts­protokolls größere Einspruchskompetenzen einzuräumen

9.        Hinzufügung neuer Vertragselemente (und dies­bezüglicher Handlungsermächtigungen) in den Feldern Energie/Klima und illegale Einwanderung

GB, PL, EST, LIT, LET, HU, A (Energie/Klima) und D, NL (illegale Einwanderung)

10.     Bekräftigung der Kopenhagener Beitrittskriterien im Vertrag (durch Verweis oder Nennung)

F, NL mit Unterstützung aus A, D und der EVP-ED-Frak­tion des EP

11.     Bekräftigung oder noch stärkere Betonung der Sozia­len Dimension der EU im Vertrag

F, D, B und SPE-Fraktion des EP  (nach der Präsidentschaftswahl wurde dieser Punkt von F indirekt verworfen)

12.     Hinzufügung spezifischer Ausnahmeregeln (Opting-out) oder/und spezieller Regeln zur verstärkten Zusam­men­arbeit in besonderen Bereichen

Für Ausnahmen: GB, PL
Für verstärkte Zusammenarbeit: B, I, LUX, D

 

 

Am 6. Juni 2007 legten die Focal Points einen Bericht der Präsidentschaft über den Stand des Reformprozesses vor, der einige wichtige Vorabklärungen im Hinblick auf das Mandat fixierte: So konnte der Verzicht auf den Verfassungsbegriff und die Neustrukturierung der Verträge nach dem klassischen Muster vergangener Regierungskonferenzen als Ausgangspunkt festgehalten werden. Darüber hinaus wurde die Liste der 12 Ausgangsfragen vom April 2007 auf drei offen Punkte reduziert und - als Ergebnis der Focal Point-Beratungen - um vier neue Punkte ergänzt, so dass für den Europäischen Rat ein relativ klares Bild über den wahrscheinlichen, zeitintensiven Ablauf der Beratungen entstand: Die Frage der Symbole und des Vorrangs des EU-Rechts vor nationalem Recht (Frage 4); terminologische Änderungen im Vertragstext, die sich hieraus ergeben (Frage 5); die rechtliche Qualität der Grundrechtecharta (Frage 6); die Besonderheiten der GASP und ESVP im Verhältnis zum gesamten Politikbereich der europäischen Außenpolitik (neuer, von Großbritannien eingebrachter Punkt); die Umsetzung und Kontrolle der Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten (von Tschechien eingebracht); und die Rolle der nationalen Parlamente in der EU (von den Niederlanden eingebracht). Hinzu kam die von Polen in die Diskussion gebrachte Frage der Änderung des Entscheidungsmodus im Ministerrat, die zwar nicht in dem Bericht der Präsidentschaft erwähnt wurde, aber doch allen Beteiligten präsent war und den Sitzungsverlauf des Europäischen Rates und der anschließenden Regierungskonferenz in erheblichem Maße bestimmen sollte.

 

Auf der Grundlage dieses Berichts arbeiteten die deutschen Focal Points einen Entwurf für das Mandat der Regierungskonferenz aus. In den Feinabstimmungen mit den Fachkollegen behielt der Vorsitz zu jeder Zeit die Autorität über den in englischer Sprache abgefassten „Urtext“. Abgesehen von einigen wenigen Punkten (Organbezeichnungen, Ausformulierungen zu Protokollen und Erklärungen) konnte so in enger Zusammenarbeit mit dem Juristischen Dienst des Ratssekretariats ein Text redigiert und dem Europäischen Rat vorgelegt werden, dessen Substanz sehr viel weiter ging, als dies bei Einberufungsmandaten für Regierungskonferenzen üblicherweise der Fall ist. Denn tatsächlich handelte es sich um ein „geschlossenes“ Mandat, dass politische Kontur, funktionale Reichweite und inhaltlich-rechtliche Tiefe des Rückbaus des Verfassungsvertrages und seines Umbaus in einen Reformvertrag auf der Grundlage der bestehenden EG- und EU-Verträge abschließend definierte.

 

Die Regierungskonferenz 2007

 

Die deutsche Präsidentschaft erzielte mit der Einigung auf das Mandat zur Einberufung der Regierungskonferenz ein Ergebnis, das alle Staaten auf ein politisches Ziel, nämlich die rasche Ausarbeitung eines runderneuerten Vertragswerkes einte. Als Ergebnis des Europäischen Rates vom Juni 2007 manifestierten sich im Mandat zur Einberufung der Regierungskonferenz erneut politikbereichsspezifische Ausnahmeregeln für einige Staaten (Großbritannien im Bereich der polizeilichen und strafrechtlichen Zusammenarbeit sowie - im Verbund mit Polen - im Hinblick auf Geltungsbereich und Durchsetzungsmodus der Grundrechtecharta) und - teilweise als Reaktion hierauf - neue Regeln zum Eintritt in Formen der verstärkten Zusammenarbeit unter dem Dach der EU.

 

Die Sitzung des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" am 23. Juli 2007 eröffnete die Regierungskonferenz. Sie verlief auf zwei Ebenen: auf Ministerebene, wobei hier auch das EP durch drei Mitglieder Elmar Brok (EVP-ED), Enrique Barón Crespo (SPE) und Andrew Duff (ALDE) vertreten war, und auf der Ebene einer aus Juristen bestehenden Expertengruppe. Die Arbeit dieser Expertengruppe war entscheidend, um die Regierungskonferenz in so kurzer Zeit abzuschließen. Denn auf politischer Ebene trat die Regierungskonferenz vor dem Europäischen Rat von Lissabon nur drei Mal zusammen. Hierbei wurden die meisten kontroversen Fragen bereits ausgeräumt. Wichtige politische Fragen wie die opting-in bzw. opting-out-Regelungen für Großbritannien und Irland im Bereich der strafrechtlichen und polizeilichen Zusammenarbeit, sowie die Rolle des EP bei der Ernennung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik wurden bereits auf der Sitzung der Regierungskonferenz auf Ministerebene während des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" am 15. Oktober 2007 in Luxemburg geregelt. Den Staats- und Regierungschefs lagen in Lissabon daher noch zwei grundlegende Streitfragen auf dem Verhandlungstisch: die Frage der Festlegung des neuen Systems der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Rat und die Zusammensetzung des EP ab der Wahlperiode 2009.

 

 

 

Andreas Maurer (März 2008)